Max Kitzler tödlich verunfallt – Gedenken am 14. 21. September am Tirolerkogel
Es war eine trockene Unfall-Meldung, die in der Lilienfelder Zeitung von einem tödlichen Ereignis an der Mariazeller Bahn bei St. Sebastian berichtete: „Trotz abgegebener Warnsignale verließ der Niederösterreicher nicht die Gleise. Er wurde vom Zug erfasst und verstarb noch an der Unfallstelle“. Das Unfallopfer war Max Kitzler (93), ein Mann, dessen gesamtes Leben von der Mariazeller Bahn geprägt war. Er war ein Pendler zwischen der Stadt-Welt St. Pöltens und dem Landleben rund um Annaberg und Mariazell.
Nach einer schweren Kindheit wuchs der junge Landarbeiter keine 100 Meter neben der Bahn in Annaberg/Reith in einem kleinen Eigenheim auf, ehe er in einer Landwirtschaftsschule das harte Los einer Berg-Landwirtschaft kennenlernen musste. Eine Möglichkeit zu einer echten Berufsausbildung hatte er nie.
Dann bot sich Max eine Stelle bei der Mariazeller Bahn an. Und er griff zu. Viele Jahre – bis zu seiner Pensionierung – fungierte er als Zugbegleiter zwischen Mariazell und St. Pölten. Schüler aus dem Pielachtal in die Mittelschulen nach St. Pölten bringen. Wanderer und Wallfahrer ins Mariazeller Land transportieren. Den Personenzügen ab Gösing zwei Holzwagen nach St. Pölten beigeben. Milch von Reith zur Babymilchproduktion in die Molkerei nach Ober-Grafendorf führen. Das war der Job, den er gewissenhaft ausführte. In der Freizeit eroberte er bald die Berge. Vorerst einmal den Stadelberg (1285 m) vor der Haustüre, dem er bis ins hohe Alter die Treue hielt. 1968 war Max schon ein anerkannter Alpinist, als er die „Haute Route“, seinerzeit die Königsdisziplin der Skitouren von Chamonix nach Zermatt plante. Karlheinz Tschiedl, damals ein junger Bergsteiger vom Alpenverein St. Pölten, erinnert sich: „ Max hatte die ganze lange Tour mit Karte, Kompass, Marschzahlen und Höhenangaben akribisch vorbereitet. Er war ein verlässlicher, belastbarer und umsichtiger Bergkamerad“. 94,3 Kilometer. 6700 Höhenmeter Aufstieg, 8345 Höhenmeter Abstieg, berichtet heute die GPS-gestützte Statistik.
Diese wichtigen Eigenschaften blieben auch in der Bergrettungs-Ortsstelle St. Pölten nicht verborgen. Der Autodidakt Max Kitzler trat in die Bergrettung ein und war mehr als 40 Jahre ein treuer Diener der Sicherheit im Bergland. Dafür wurde er zum Ehrenbergretter ernannt und von der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner geehrt. Jeder, der mit Max eine Tour unternahm oder mit ihm Dienst auf der Bergrettungshütte Österleinbrunn tat, konnte von ihm etwas lernen. Von seiner Erfahrung profitieren.
Als die Mariazeller Bahn auf der Schneide zur Einstellung durch die ÖBB stand, aber schließlich doch noch vom Land Niederösterreich gerettet wurde, machte der Max wieder auf seine Bahn aufmerksam: Er wurde 2020 als 10-millionster Fahrgast geehrt. Max, der Pendler zwischen St. Pölten und Annaberg.
Nur ein einziges Mal hat der Max einen verhängnisvollen Fehler gemacht: An jenem Unfall-Tag hat er sein Hörgerät entweder abgeschaltet oder gar nicht getragen. Beim Überschreiten der Gleise konnte er offensichtlich die Warnsignale der Eisenbahn nicht hören.
Die Bergrettung St. Pölten wird am 14. 21. September eine Gedenkwanderung für Max Kitzler auf den Tiroler Kogel organisieren. Treffpunkt ist um 9:30 Uhr der große Parkplatz an der B 20 in Annaberg. Gemeinsamer Aufstieg zum Annabergerhaus und zum Gipfelkreuz des Tirolerkogels (1380 m). Um 11:30 gemeinsamer Aufstieg vom Annabergerhaus zum Ringkreuz mit einer Gedenkminute und einigen Worten von Bergkamerad*Innen. Gemütliches Beisammensein im Annaberger Haus. Individueller Abstieg. Für Wanderer, die nicht mehr fit genug für diesen Aufstieg sind, wird ein Transport zum Annaberger Haus organisiert. Bitte dazu um Anmeldung bis spätestens 10.September unter reinhard.wilthaner@gmail.com
Helmut FRIESSENBICHLER, Altbergretter